EXPERTENINTERVIEW EXPERTENTELEFON \"Impfen gegen Krebs\" am 23.09.2010

"Schutz vor Gebärmutterhalskrebs - Impfen als Chance"

Die Diagnose Gebärmutterhalskrebs betrifft jedes Jahr bis zu 6.000 Frauen. Schon junge Frauen im Alter von 20 Jahren können sie bekommen. Die Erkrankung muss jedoch kein Schicksal sein, denn dagegen lässt sich zum Beispiel mit einer Impfung etwas unternehmen. Ein Gespräch mit Fara Maleki, niedergelassene Frauenärztin in Aachen, über Krebsfrüherkennung, die Bedeutung der Impfung und den richtigen Zeitpunkt für den "Pieks".

  

 

 

 

 

 

 

 

Wie entsteht Gebärmutterhalskrebs?

  • Fara Maleki: In erster Linie durch eine chronische Infektion mit den gefährlichen Humanen Papillomviren (HPV), die durch sexuelle Kontakte übertragen werden.

Welche Möglichkeiten gibt es, sich davor zu schützen?

  • Fara Maleki: Leider können Kondome nicht sicher vor einer Ansteckung mit HP-Viren schützen. Zudem ist es höchst unwahrscheinlich, dass man diese ein Leben lang beim Geschlechtsverkehr benutzt. Deshalb raten wir Ärzte jungen Frauen, sich durch eine Impfung vor den HP-Viren zu schützen.

Was muss man sich unter einer Krebsvorstufe vorstellen?

  • Fara Maleki: Das bedeutet, dass man krankhaft veränderte Zellen findet, die in der innersten Schicht der Gebärmutterschleimhaut sitzen. Über Vorstufen kann sich hieraus über viele Jahre hinweg Gebärmutter-halskrebs bilden.

In welchem Alter treten bei Ihren Patientinnen Krebsvorstufen auf und wie stellen Sie sie fest?

  • Fara Maleki: Ich habe solche Vorstufen während der Krebsfrüherkennungsuntersuchung schon bei 20-jährigen Patientinnen festgestellt, nachdem ich den Pap-Abstrich entnommen hatte.

Wie ergeht es Ihren Patientinnen, wenn die Krebsfrüherkennungsuntersuchung einen positiven/auffälligen Befund ergibt?

  • Fara Maleki: Die Unbekümmertheit, mit der die meisten von ihnen bis zu diesem Zeitpunkt durchs Leben gegangen sind, ist mit einem Schlag vorbei. An ihre Stelle treten Betroffenheit und Sorge, und vor allem letztere hält noch über Jahre an. Es sind meist junge Frauen im gebärfähigen Alter, bei denen es auffällige Befunde gibt, und sie fürchten immer wieder, dass es erneut eine Veränderung am Gebärmutterhals geben könnte.

In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission die Impfung für Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren, im Idealfall also, bevor sie ihre ersten sexuellen Erfahrungen machen. Kann die Impfung auch Mädchen und Frauen schützen, die bereits Sex hatten?

  • Fara Maleki: Optimal ist eine Impfung vor dem ersten Sex, aber auch danach können die jungen Frauen noch von der Impfung profitieren, weil sie ja nicht unbedingt mit den Viren, die den Krebs auslösen, in Berührung gekommen sind. Die Impfung gegen die HPV-Typen 6, 11, 16 und 18 ist also auch nach dem "ersten Mal" sinnvoll, da sie die jungen Frauen vor den Typen schützt, mit denen sie noch nicht infiziert sind. Eine Infektion mit allen vier Typen, gegen die die Impfung schützt, ist äußerst selten.

Gibt es einen "idealen" Impfzeitpunkt?

  • Fara Maleki: Idealerweise sollten junge Mädchen vor dem ersten Geschlechtsverkehr geimpft werden. Die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs wirkt aber auch bei Frauen, die bereits Geschlechtsverkehr hatten. Auch für Frauen ab 18 Jahren ist die Impfung eine gute Möglichkeit, sich vor einer HPV-Infektion zu schützen. Immer mehr Kassen übernehmen die Kosten für die Impfung auch in diesen Fällen - nachfragen lohnt sich!

Was bedeutet die Impfung für das Leben von jungen Frauen?

  • Fara Maleki: Insgesamt gesehen sollte eine hohe Impfrate bewirken, dass es deutlich weniger Fälle von Gebärmutterhalskrebs und dessen Vorstufen gibt. Auf diese Weise werden viele junge Frauen vor Operationen bewahrt, die Folgen wie Unfruchtbarkeit oder spätere Frühgeburten haben können. Außerdem möchten wir Ärzte die Impfung als Anlass nutzen, um die Mädchen über die Risiken der sexuell übertragbaren Erkrankungen aufzuklären. Dazu gehört nicht nur die Infektion mit HP-Viren, sondern auch mit Hepatitis oder mit Chlamydien - das sind Bakterien, die Unfruchtbarkeit oder Fehlgeburten verursachen können. Und natürlich die Ansteckung mit dem HIV, das Aids auslöst.

Wie genau läuft die Impfung ab?

  • Fara Maleki: Insgesamt erhält die Patientin drei Impfdosen in den Oberarmmuskel. Die zweite Impfung erfolgt in der Regel zwei Monate, die letzte dann sechs Monate nach der ersten Dosis.

Bei Impfungen wird immer wieder das Thema Sicherheit diskutiert. Wie sieht es damit bei der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs aus?

  • Fara Maleki: Die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs ist sicher. Die umfangreichen Studien und Beobachtungen nach der Zulassung zeigen das gleiche gute Sicherheitsprofil wie alle anderen Standardimpfungen, z. B. die Impfung gegen Tetanus.

Wie wichtig ist es, auch nach der Impfung die Früherkennungsuntersuchungen beim Frauenarzt wahrzunehmen?

  • Fara Maleki: Die Impfung richtet sich gegen die HPV-Typen 16 und 18. Diese beiden Virentypen sind zusammen für 74 Prozent der Gebärmutterhalskrebserkrankungen in Europa verantwortlich. Die HPV-Impfung kann daher langfristig mehr als 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verhindern. Dennoch bleibt die jährliche Krebsfrüherkennungsuntersuchung unverändert wichtig, um die Krebsvorstufen zu erkennen, die von anderen HPV-Typen ausgelöst werden oder die zum Zeitpunkt der Impfung gegebenenfalls bereits bestehen. Zusammen mit regelmäßigen Früherkennungs-untersuchungen bietet die Impfung einen optimalen Schutz vor Gebärmutterhalskrebs und dessen Vorstufen. Als weitere Untersuchung wird ab dem 30. Lebensjahr die Brust abgetastet, um Brustkrebs rechtzeitig erkennen zu können.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen